Kosten für Kinder

Auszüge aus den Empfehlungen der EBG-Studie von 2013

In ihrem Vorwort erwähnte die Präsidentin des EBG (die fettgedruckte Passage stammt von der Stiftung):

Zu beachten ist, dass nicht alle Kosten, die durch Gewalt in Paarbeziehungen verursacht werden, in der vorliegenden Studie berechnet werden konnten. So fehlen beispielsweise die notwendigen Datengrundlagen für die Kostenberechnung von Gerichtsverfahren oder von Unterstützungsangeboten für mitbetroffene Kinder sowie deren gesundheitlichen Folgekosten. Gerade bei diesen Kosten dürfte es sich um eine nicht zu unterschätzende Grössenordnung handeln, denn die Folgen für Kinder, die von Gewalt in Paarbeziehungen mitbetroffen sind, sind weitreichend und wirken oft ein Leben lang nach. Zudem stellt als Kind miterlebte Paargewalt einer der signifikantesten Risikofaktoren dar, im Erwachsenenalter selber Opfer oder Tatperson häuslicher Gewalt zu werdenI

In den Schlussfolgerungen und Empfehlungen dieser Studie wird Folgendes festgestellt:

Für einzelne sehr relevante Bereiche – insbesondere der Aufwand der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden sowie für die Unterstützung und gesundheitliche Behandlung von mitbetroffenen Kindern – aufgrund von fehlenden Daten keine Kosten berechnet werden konnten.

Kindes- und Erwachsenenschutz: In diesem Bereich werden relativ hohe Kosten aufgrund von Gewalt in Paarbeziehungen vermutet, es existieren jedoch so gut wie keine Daten dazu.
› In der Statistik zum Kindes- und Erwachsenenschutz (neue Statistik ab 2013)* sollen künftig auch Daten zu den Kindesschutzmassnahmen in Zusammenhang mit Gewalt in Paarbeziehungen erfasst werden. „Häusliche Gewalt“ oder „Paargewalt“ sollte als Hauptindikation angegeben werden können. Bisher stehen als mögliche Indikationen
„Misshandlung“, „Autonomiekonflikte“, „Besuchsrechtsprobleme“, „Erziehungsprobleme“, „Verhaltensauffälligkeit“ oder „Unterhalt nicht geklärt“ zur Auswahl.

Unterstützungsangebote und medizinische Behandlung von Kindern: In Bezug auf die von Paargewalt mitbetroffenen Kindern ist die Datenlage unzureichend.
› Es sollte eine vertiefende Studie zum Ausmass der Betroffenheit sowie zu den von diesen Kindern beanspruchten medizinischen Behandlungen und weiteren Unterstützungsleistungen durchgeführt werden. Daraus könnten Empfehlungen zur künftigen Datenerfassung abgeleitet werden.

*KidsToo hat die Daten für diese neue Statistik nicht gefunden.

Machbarkeits­studie

KidsToo beauftragte das Büro Social Insight mit der Durchführung einer Machbarkeitsstudie.

Die angestrebten Ziele

Die Studie ist hier verfügbar (FR, DE).

Internationaler Desk Research:
– Welche Studien, international und national, liegen vor zum Themenbereich? Welche Aussagen
gehen aus den Studien hervor?
– Wo, in welchen Bereichen fallen kinderspezifische Kosten an?

Untersuchung der Situation in der Schweiz:
– Wie ist die Situation in der Schweiz im Hinblick auf eine Kostenstudie zu elterlicher Paargewalt mit Fokus auf Kinder? Wie gestalten sich Möglichkeiten und Schwierigkeiten? Wie ist die Interessenslage, welches sind Stakeholder und strategische Überlegungen?
– Wie sehen in den verschiedenen Bereichen die Erhebungsformen von Daten puncto Kinder aus? Wie sind Qualität und aktuelle Zugänglichkeit von Daten, welche Statistiken liegen vor? Gibt es exemplarische Studien/Datenbestände, die Grundlagen und Erkenntnisse für eine Kostenstudie liefern?

Der Abschluss in Kürze

Die Machbarkeitsstudie kommt zum Schluss, dass eine Kostenstudie zu kinderbezogenen, gesellschaftlichen Folgekosten von Partnergewalt nicht ohne Weiteres – d. h. auf der Basis von Standarddaten und vorhandenen Statistiken der in diesem Themenfeld zuständigen Akteur*innen – realisiert werden kann. Möchte man dennoch eine erste Kostenstudie durchführen, kommt man zumindest teilweise nicht umhin, für die notwendigen Berechnungen zusätzliche, spezifische Forschungen zu unternehmen und Grundlagendaten zu erarbeiten; das heisst, gewisse Daten über eigene Primärerhebungen und/oder über gezielte Sekundäranalysen zu gewinnen. Sei dies in puncto der Anzahl von Fällen sowie auch in puncto der Kosten pro Fall. In der Konsequenz bedeutet dies für die Machbarkeit einer Kostenstudie zum einen, dass der zeitliche und finanzielle Aufwand für die Umsetzung höher zu bemessen sind, als wenn mit bestehenden Daten/-sätzen gearbeitet werden könnte. Zum andern ist eine gezielte Auswahl und eine sinnvolle Eingrenzung der Fragestellung und der zu untersuchenden Kostbereiche notwendig, um die Untersuchung in einem bewältigbaren Rahmen zu halten.

Mögliche Vorgehensvarianten

1) Retrospektive Kostenstudie zu zeitnahen Interventionen spezialisierter Stellen.
Mengen- und Kostengerüst verhältnismässig einfach greifbar bei diesen Stellen;
häufig Kooperationsbereitschaft erwartbar; Hochrechnungen für Gesamtschweiz in gewissem
Umfang möglich; berechenbar sind Kostenposten für zeitnahen Aufwand.

2) Exemplarische Kostenberechnungen anhand von Einzelfällen
Zentral ist für diese Arbeit, die auch mit qualitativer Methodik arbeitet, das Absichern
guter Kooperationen zu den Stellen für die Datengewinnung; z. Bsp. je zwei bis vier (oder auch
mehr) Fälle pro Altersgruppe (Kleinkinder, mittlere und ältere Kinder; ‘einfachere’ und schwere
Fälle).

3) Prospektive Forschung: Vorkommen und Kosten in verschiedenen Interventionsfeldern.
Aufwendige Studie, da viele Grundlagen (in verschiedenen Feldern) für die Erhebung
erarbeitet werden müssen; Studie könnte für den kinderbezogenen Kostenbereich viel neues
Wissen zu Tage fördern; es gilt abzuwägen, ob sich der Aufwand lohnt oder ob der politische Weg
Vorrang haben sollte, dass zuständige Stellen zukünftig via Politik zur Datenerhebung verpflichtet
werden.
In Interviews wurde weiters vorgeschlagen, das Thema auf alle Formen der Kindswohlgefährdung
auszuweiten (nebst Mitbetroffenheit durch elterliche Paargewalt also auch
psychische Gewalt, körperliche Gewalt, Vernachlässigung und sexuelle Gewalt einzubeziehen).

4) Kostenschätzungen anhand von Gesundheits-Prävalenzstudien (Top-down-Vorgehen).
Befragte Expert*innen erachten den Top-down-Ansatz z. T. als sinnvoller im Vergleich
zu Bottom-up-Vorschlägen, die auch als ‘Erbsenzählerei’ benannt wurden. Wichtig sei, im Top-down-
Ansatz getroffene Annahmen (zu Umfang Betroffene, Art der Belastungen, Behandlungskosten) in
Gesprächen mit Fachleuten gut abzustützen, dass valide Berechnungen vorgenommen werden
können.

5) Mikrostudie: Kosten im Bereich Besuchsrecht/Obhut, Regelungen und Durchsetzung.Das Thema bietet sich gemäss befragten Expert*innen an, da im Bereich «Besuchsrecht» häufig grosse Probleme beobachtet werden und erhebliche Kosten entstehen; dies nochmals verstärkt, wenn die Gewalt in der Beziehung der Eltern nach der Trennung trotzdem an dauert.

6) Budgeting-Studie.
Gemäss unseren Recherchen wäre eine Studie mit dem Budgetingansatz ein Novum in der Schweiz; wir wurden von einer Expertin auf diesen Ansatz aufmerksam gemacht. Gemäss Information gibt es bis anhin in Europa keine solchen Studien, das Thema wird eher im Globalen Süden aufgegriffen. Eine solche Studie würde somit einen innovativen Ansatz verfolgen.

Der Rat von KidsToo hat beschlossen, eine Studie im Sinne des Vorschlags zum Sorge- und Umgangsrecht durchzuführen. Dieses Projekt wird hier vorgestellt.