Definitionen

Die Texte der Definitionen wurden zum Teil aus verschiedenen Dokumenten zum Thema häusliche Gewalt übernommen, die sich mit häuslicher Gewalt befassen und vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) herausgegeben wurden

Häuslische Gewalt: Definition und Formen

Häusliche Gewalt umfasst alle Akte körperlicher, sexueller, psychologischer, wirtschaftlicher, kultureller oder religiöser Gewalt innerhalb der Familie und betrifft alle Personen unabhängig von Geschlecht und Alter. Sie tritt in allen Arten von Beziehungen auf und kann auch nach dem Ende einer Beziehung fortbestehen.

Gewalt in der Ehe kann entweder symmetrische oder aggressive Gewalt (Gewalt, bei der Konflikte eskalieren oder jeder Ehepartner die gleiche Macht wie der andere aufrechterhalten möchte) oder komplementäre oder strafende Gewalt (Gewalt, bei der ein Ehepartner den anderen systematisch dominiert oder die Bedürfnisse des Täters über die Bedürfnisse der ganzen Familie gestellt werden) sein. Siehe auch unten “Gewaltdynamik”.

Die Gewalt kann regelmäßig auftreten, wobei die gewaltfreien Zeiten in der Regel immer kürzer werden. Sie kann auch punktuell auftreten, dann aber eher, wenn Täter und Opfer unter großem Stress stehen (Geld, Arbeit, Gesundheit usw.).

Die meisten Gewalttaten werden in der Wohnung des Opfers verübt. Sie können jedoch auch in öffentlichen Räumen stattfinden (insbesondere verbale, psychologische und wirtschaftliche Gewalt). Bei der ergänzenden oder bestrafenden Gewalt wird der gewalttätige Druck und die Kontrolle nach und nach überall ausgeübt.

Die Folgen häuslicher Gewalt hängen vor allem vom Schweregrad, der Häufigkeit und der Dauer der Gewalttaten ab.

Die Auswirkungen häuslicher Gewalt auf Kinder berühren verschiedene Ebenen (vgl. « Violences et traumatismes intrafamiliaux » A Duc Marwood, V Regamey):

  • Die Grundversorgung
  • Sicherheit
  • Das Erlernen von Kommunikation
  • Kognitiv
  • Affektiv
  • Sozial
  • Platz in der Familie

Kinder und Jugendliche, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, können ihr Leiden durch eine Vielzahl von Symptomen zum Ausdruck bringen, wie z. B. Selbstverletzungen, Desinteresse am Erwachsenenleben (Abbruch der Ausbildung, Rückzug, abweichendes Verhalten). Insbesondere bei ergänzender oder strafender Gewalt können Kinder und Jugendliche als Opfer jedoch auch alles daran setzen, nichts zu zeigen und dann so schnell wie möglich völlig unabhängig zu werden. Manchmal absolvieren sie eine Ausbildung oder ein Studium unter sehr unsicheren Bedingungen, um unabhängig zu werden und sich der Gewalt des Täters zu entziehen.

Gewalttätiges und traumatisierendes Verhalten kann an zukünftige Generationen weitergegeben werden. Zwar führt die in der Kindheit erlittene Gewalt nicht zwangsläufig zu einer Reproduktion dieser Gewalt im Erwachsenenalter, aber ein Drittel der Opfer läuft Gefahr, Gewalt zu reproduzieren.

Siehe auch das Dokument “Häusliche Gewalt: Definition, Formen und Folgen” (PDF) des EBG.

Gewaltdynamik

Wie bereits erwähnt, gibt es zwei Arten von Gewalt in der Ehe und im häuslichen Bereich:

  • Die sogenannte symmetrische Gewalt oder Paaraggression: Beide Protagonisten sind aktiv und tendieren dazu, die gleiche Macht wie der andere zu behalten. Die Schläge (verbal, psychologisch etc.) werden immer heftiger und schließlich wird die Gewalt auch körperlich ausgeübt.
  • Komplementäre oder strafende Gewalt: Diese Gewalt ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Mitglied des Paares die Macht über das andere behalten will. Diese Macht wird immer mithilfe von drei Strategien ausgeübt:
      1. Viktimisierung,
      2. die Erhöhung des Opfers auf ein Podest und die gemeinsame Verunglimpfung des Opfers,
      3. die Drohung.

Sie ist mit mehreren Faktoren verbunden, die entweder eine psychiatrische Störung des Täters oder eine perverse narzisstische Persönlichkeit sind. Im zweiten Fall findet eine Einflussnahme in mehreren Phasen statt.

    1. Die Chamäleon-Phase: Der/die zukünftige Täter/in lässt das zukünftige Opfer glauben, dass er/sie die gleichen Dinge wie sein/ihr Opfer liebt und ihm/ihr ähnlich sieht.
    2. Intermittierende bedingt zufällige Liebe: Der Täter gibt Zeichen der Liebe, die extrem stark sein können, und dann hört er auf zu lieben, ohne dass es dafür einen expliziten Grund gibt.
    3. Machtübernahme, indem der Täter den anderen zunächst mäßig und dann immer stärker disqualifiziert.
    4. Soziale Isolation (durch Rivalität mit anderen Personen aus dem Umfeld des Opfers, indem man argumentiert, dass andere z. B. schädlich oder schädigend sind).

Symmetrische oder aggressive Gewalt kann punktuell und lebensphasenbezogen sein. Sie kann sich chronifizieren, wenn der Stress, der sie auslöst, anhält: unsichere Lebensumstände, soziale Ablehnung, starker beruflicher Stress, z. B. eine hohe Position trotz Druck zu halten, chronische Krankheit, Stress in der Herkunftsfamilie etc.

Ergänzende oder bestrafende Gewalt in Paarbeziehungen ist chronisch und verschlimmert sich über die Jahre.  Es gibt immer einen Gewaltzyklus mit vier Phasen: die Honeymoon-Phase, die Phase wachsender Spannung, Gewalt, Reue und wieder die Honeymoon-Phase. Zu beachten ist, dass die Reue nur dazu dient, das Opfer bei der Stange zu halten und es zu bemitleiden (wie die Honeymoon-Phase) und dass der Täter das Leid der Opfer nicht anerkennt. Mit der Zeit verschwinden die Reue- und Honeymoon-Phasen, es sei denn, das Opfer beschließt zu gehen: Dann greift der Täter auf alle oben genannten Strategien und die Reue zurück, um das Opfer zu halten.

Opfer von ergänzender oder strafender Gewalt können sich in Lebensgefahr befinden, wobei der Höhepunkt der Gefährlichkeit mit der Ankündigung der Trennung oder der Entscheidung zur Scheidung erreicht wird. Es ist wichtig, dieses Risiko zu berücksichtigen, wenn erwachsene Opfer oder Kinder verlangen, dass der Täter nicht über ihre Anschuldigungen informiert wird. Eine Information des Täters ohne Schutzmaßnahmen für das Opfer bedeutet, dass das Opfer gefährdet wird.

Es ist zu beachten, dass schwere Gewalt und Tötungsdelikte plötzlich auftreten können, ohne dass es vorher zu “Gewalttätigkeiten” gekommen ist, aber es liegt immer eine Beeinflussung vor.

Weibliche Opfer von Gewalt in der Partnerschaft können in vier verschiedene Reaktionstypen eingeteilt werden: «Rasche Trennung [1]», «Fortgeschrittener Trennungsprozess [2]», «Neue Chance [3]» und «Ambivalente Bindung [4]». Opfer, die in einem Abhängigkeitsverhältnis
zur gewaltausübenden Person stehen, sind oft auf längerfristige Unterstützung angewiesen, um sich aus Gewaltbeziehungen zu lösen. Die Trennung allein reicht jedoch nicht aus, um das Opfer sowohl vor der Gefahr der Einflussnahme als auch – und vor allem – vor der Gewalt zu schützen.

[1] Opfer vom Typus «Rasche Trennung» sind meist erst relativ kurz in der Beziehung zum gewalttätigen Partner und haben die klare Vorstellung einer gewaltfreien  Partnerschaftsbeziehung. Ein Verbleib in der Beziehung ist nur unter klaren Bedingungen vorstellbar.

[2] Opfer vom Typus «Fortgeschrittener Trennungsprozess» sind meist langjährig verheiratet und haben Kinder. Die Trennungsabsicht hat sich aufgrund wiederholter Gewalt verstärkt und zum Zeitpunkt der polizeilichen Intervention sind die Betroffenen zur Trennung entschlossen.

[3] Opfer vom Typus «Neue Chance» sind mehrheitlich schon älter, meist lange verheiratet und haben Kinder. Wiederholte Gewalt des Partners wird durch bestimmte Umstände (Alkoholkonsum, Stress, psychische Erkrankung etc.) entschuldigt. Im Vordergrund steht nicht eine Trennung, sondern die Hoffnung auf eine Verhaltensänderung des gewalttätigen Partners.

[4] Opfer vom Typus «Ambivalente Bindung» sind durch langjährige chronische Gewalt ihres Partners und andere Faktoren stark belastet und verfügen kaum über persönliche Ressourcen. Sie stehen in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zum gewalttätigen Partner und charakterisieren sich durch einen tiefen Selbstwert und geringe Selbstwirksamkeitserfahrung.

Siehe auch das Dokument “Gewaltdynamiken und Interventionsansätze” (PDF) von EBG.

Gewalt in Trennungssituationen

Eine Trennung kann in Gewaltbeziehungen als Lösung erscheinen und kann es auch sein. Insbesondere bei strafender oder komplementärer Gewalt kann sie jedoch keinen Einfluss auf die Schwere der Gewalt haben oder diese sogar verschlimmern, mit einem erhöhten Risiko für Frauenmorde oder Tötungsdelikte. Diese können in einer Beziehung mit komplementärer Gewalt ohne vorherige körperliche Gewalt auftreten,. Es ist von entscheidender Bedeutung, die mit der Trennung verbundenen Risiken stets im Auge zu behalten und besondere Sorgfalt walten zu lassen, um die Sicherheit der Opfer zu gewährleisten. Weitere Risiken bestehen im Zusammenhang mit finanzieller Unterdrückung und Stalking, auf das weiter unten eingegangen wird.

In Situationen symmetrischer Gewalt oder Aggression ist die Trennung meist eine gute Lösung, um die Konflikte zu mildern. Mediationen oder Therapien können eine schnellere und günstigere Entwicklung ermöglichen.

Gewalt kann auch als spontane Reaktion auf die Trennung auftreten.

Frauen werden in Trennungssituationen häufiger Opfer von Gewalt und Stalking als Männer. In der Schweiz wurde ein Viertel der von der Polizei verfolgten häuslichen Gewalttaten vom Ex-Partner des Opfers begangen.

Wenn es Kinder gibt, sind sie immer Opfer dieser Gewalt und müssen geschützt und unterstützt werden. Wenn eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, kann die zuständige Behörde eingreifen und geeignete Maßnahmen ergreifen. Je nach Situation kann die zuständige Behörde gegen die Gefährdung des Kindes vorgehen, indem sie verschiedene Maßnahmen anordnet, wobei die letzte Maßnahme der Entzug des Rechts auf persönliche Beziehungen ist. Wenn es um die elterliche Sorge oder die Regelung des Umgangsrechts geht, können Kinder ab sechs Jahren angehört werden.

Siehe auch das Dokument “Gewalt in Trennungssituationen” (PDF) von EBG.

Stalking oder beharrliche Bedrohen

Aus “Stalking” (PDF) von EBG.

Stalking bezeichnet das obsessive Verfolgen, Belästigen und Bedrohen einer Person, das die Unversehrtheit des Opfers bedroht oder beeinträchtigt. Stalkinghandlungen reichen von harmlos scheinenden Verhaltensweisen bis zu schweren körperlichen Übergriffen. Betroffene sind meist einer Kombination von Stalking-Methoden ausgesetzt. Erfolgt Stalking über elektronische Kommunikationsmittel, spricht man von Cyberstalking.

Die Beweggründe für Stalking sind vielfältig – beziehungssuchendes und rachesuchendes Stalking sind am verbreitetsten. Stalking wird oft verharmlost. Das ist besonders gravierend, weil zur effektiven Bekämpfung möglichst früh interveniert werden sollte.

Von Stalking betroffene Personen geraten meist in eine lang andauernde, chronische Stresssituation. Kinder leiden oft mehrfach unter Stalking und brauchen Unterstützung.

Stalking ist verbreiteter als allgemein angenommen – jede 6. Frau und jeder 20. Mann sind mindestens einmal davon betroffen.

Stalking geht meist von Personen aus dem sozialen Umfeld, am häufigsten vom Ex-Partner oder der Ex-Partnerin aus. Der Anteil der Wiederholungstäterinnen und -täter ist bei Stalking hoch.

Effektive Gesetzesgrundlagen, eine gute institutionelle Zusammenarbeit und Information sind zentral für ein wirksames Vorgehen gegen Stalking.

ABER

In der Schweiz können bestimmte Stalking-Handlungen strafrechtlich verfolgt werden, aber es gibt keinen spezifischen Straftatbestand für Stalking [1]. Das Bundesgericht räumt ein, dass mehrere “leichte” Stalking-Handlungen zusammen eine Straftat darstellen können. Die noch selten angewandte Präventivkaution wird als geeignete Maßnahme zur Bekämpfung von Stalking angesehen.

Bei Stalking muss jeweils fallspezifisch interveniert werden – es gibt kein Standardvorgehen. In gewissen Kantonen kann die Polizei Präventivmassnahmen gegen Stalkende anordnen.

Ab Januar 2022 können Annäherungs-, Rayonund Kontaktverbote elektronisch überwacht werden.

Betroffene haben verschiedene Möglichkeiten, um gegen eine stalkende Person vorzugehen. OHG-Beratungsstellen bieten Hilfe und Beratung für Stalking-Opfer.

[1] Der Bundesrat hat sich dafür entschieden, keine Strafnorm gegen Stalking auszuarbeiten. Wie er bereits erwähnt hat, kann Stalking auf der Grundlage verschiedener geltender Strafbestimmungen verfolgt und bestraft werden (Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes von Gewaltopfern 17.062 vom 11. Oktober 2017).

Häusliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche

Wird derzeit bearbeitet.

In der Zwischenzeit siehe “Häusliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche” (PDF) von EBG.

 

ABER

Das Recht auf zwischenmenschliche Beziehungen (Art. 273 Abs. 1 ZGB) besagt, dass der Vater oder die Mutter, der/die nicht die elterliche Sorge oder das Sorgerecht innehat, sowie das minderjährige Kind gegenseitig das Recht haben, die nach den Umständen gebotenen zwischenmenschlichen Beziehungen zu pflegen. Das Recht auf zwischenmenschliche Beziehungen ist sowohl als deren Recht als auch als deren Pflicht (Art. 273 Abs. 2 ZGB), aber auch als Persönlichkeitsrecht des Kindes konzipiert. Es soll in erster Linie dessen Interessen dienen (BGE 131 III 209 E. 5 und Verweise; BGer 5a_318/2017 vom 2. Februar 2018 E. 4.2).

Der Anwalt eines Täters, der zusätzliche Gewalt ausübt, kann nicht umhin, die Argumentation des BGH zu nutzen, damit sein Mandant auf diesem Weg sowohl sein erwachsenes Opfer als Partner erreichen als auch das Kind bzw. die Kinder zu diesem Zweck benutzen kann, wodurch die Wiederherstellung des Opfers dauerhaft verhindert wird und die Entwicklung/Konstruktion von Kindern nicht gefördert wird und somit die häusliche Gewalt auf die nächste Generation übertragen wird.

In diesem Zusammenhang besagt dieser Beschluss, dass es einhellig anerkannt ist, dass die Beziehung des Kindes zu diesen beiden Elternteilen wesentlich ist und eine entscheidende Rolle im Prozess der Identitätsfindung des Kindes spielen kann (BGE 130 III 585 E. 2.2.2; 127 III 295 E. 4a; BGer 5A_887/2017 vom 18. Februar 2018 E. 5.3 und die Verweise).

Die Ziviljustiz, insbesondere wenn der Richter/die Richterin eine Person ist, die von der Schlichtung um jeden Preis überzeugt ist, um nicht zu sagen ein Anhänger, stützt sich auf einen anderen Bundesgerichtsentscheid (BGE 130 III 585 E. 2.2.2; 127 III 295 E. 4a; TF 5A_887/2017 vom 18. Februar 2018 E. 5. 3 und Verweise) [Link auf eine spezielle Seite einfügen, auf der die Beschlüsse des Bundesgerichts aufgelistet sind, die “missbraucht” werden können) instituierend, dass es einstimmig anerkannt wird, dass die Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen wesentlich ist und dass sie eine entscheidende Rolle im Prozess der Identitätsfindung des Kindes spielen kann, um ein Besuchsrecht und/oder gemeinsames Sorgerecht zugunsten des Elternteils, der häusliche Gewalt ausübt, durchzusetzen, obwohl diese “Einstimmigkeit” zumindest in Frage gestellt wird.