Rester parent avec un ex toxique
Échapper au piège de l’escalade et protéger son enfant
Résumé:
Se protéger soi et protéger son enfant Se séparer d’un partenaire toxique ne met pas fin au lien toxique lorsqu’un enfant est né de cette relation. En effet, quelle que soit l’organisation de garde, les deux parents doivent continuer de communiquer pour assurer l’éducation de leur enfant. L’ex toxique peut redoubler d’efforts pour “prendre sa revanche”, en se servant de l’enfant. Refus de coopération, dénigrement de l’autre parent auprès des institutions, manipulation de l’enfant, emprise… Il va souvent vouloir garder le contrôle et le soulagement espéré de la séparation fait alors place à d’autres problèmes pour le parent victime. Cet ouvrage, écrit par une spécialiste de la toxicité parentale, décrit les mécanismes de l’emprise toxique sur l’ex partenaire, mais aussi sur l’enfant. L’auteure enjoint le parent victime à faire le deuil d’une coparentalité idéale et livre les clés d’un nouveau cadre à poser pour se protéger soi et protéger son enfant.
Auteure:
Caroline Bréhat est psychanalyste, psychothérapeute, spécialiste des liens toxiques. Au sein de sa patientèle, elle compte de très nombreux parents séparés aux prises avec un ex toxique. Elle travaille avec l’association Protéger l’enfant et est aussi l’auteure de plusieurs ouvrages : J’ai aimé un manipulateur (Les Arènes, 2010), Mauvais père (Les Arènes, 2016) et Les Mal Aimées (roman, Plessis Editions, 2021).
Source: www.payot.ch
Häusliche Gewalt in der Schweiz
Die normierten Zahlen verschiedener Bevölkerungsgruppen von 2009 bis 2023 aus einem anderen Blickwinkel
Der von KidsToo erstellte Bericht ist hier abrufbar.
Das Wichtigste in Kürze
Was die Opfer häuslicher Gewalt in der Schweiz betrifft, so ist es besser, ein volljähriger Mann als eine Frau zu sein. Ein Mann mit Schweizer Staatsbürgerschaft hat ein geringeres Risiko, Opfer zu werden, als ein volljähriger Nicht-CH-Mann. Frauen mit Schweizer Staatsbürgerschaft haben ein höheres Risiko als Männer mit Nicht-CH-Staatsbürgerschaft, während Frauen mit Nicht-CH-Staatsbürgerschaft das höchste Risiko tragen.
Man berechnet den relativen Anteil (RA) der geschädigten oder beschuldigten Personen im Verhältnis zur entsprechenden Wohnbevölkerung.
Die geschädigten Männer, egal ob Schweizer oder ansässige Ausländer (CH oder nicht CH-ansässig), weisen einen RA von unter 100% auf (ausser bei den 35-39-Jährigen mit 104% im Jahr 2022). Der RA der Schweizer liegt bei rund 45%, jener der Ausländer ist im Anstieg und liegt 2020, 2022 und 2023 über 100%. Seit 2011 liegen die RA für schwere häusliche Gewalt für Schweizer zwischen 25 und 30%, bzw. zwischen 30 und 40% (39% im Jahr 2023), mit leicht steigender Tendenz bei Ausländern.
Die geschädigten Frauen, egal ob Schweizerinnen oder ansässige Ausländerinnen, weisen einen RA von über oder nahezu 100% auf. Der RA der Schweizerinnen liegt bei rund 100% (94% im Jahr 2023), jener der Ausländerinnen ist seit 2009 von 354% auf 271% im Jahr 2023 gesunken. Bei schwerer häuslicher Gewalt liegen die RA bei Schweizerinnen bei 120 bis 134%, (im Jahr 2023) bzw. bei Ausländerinnen bei 350 bis 300% mit einem leichten Rückgang (270% im Jahr 2023).
Im Jahr 2023 sind Schweizer Frauen in Prozentzahlen fünfmal häufiger geschädigt (schwere häusliche Gewalt) als Schweizer Männer. In Prozentzahlen sind Ausländerinnen siebenmal häufiger geschädigt als Ausländer und sogar zehnmal häufiger als Schweizer Männer.
In Bezug auf junge Opfer unter 18 Jahrenschwankt der RA der weiblichen minderjährigen Opfer unter Berücksichtigung der Berner Statistiken über die Anwesenheit von Kindern bei Einsätzen der Kantonspolizei [1], seit 2010 zwischen 350 und 370% (361% im Jahr 2023). Bei den minderjährigen männlichen Opfern schwankt der RA zwischen 280 und 300% (287% im Jahr 2023).
Ungeachtet des Inkrafttretens der Istanbul-Konvention[2] und gestützt auf den Ansatz des Bundesgerichts, dass die Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen nach einhelliger Auffassung wesentlich ist und eine entscheidende Rolle bei der Identitätsfindung des Kindes spielen kann, privilegiert der zivilrechtliche Ansatz die Aufrechterhaltung der persönlichen Beziehungen zwischen dem gewalttätigen Elternteil und dem Kind.
Diese Zahlen zeigen, dass das Risiko künftiger häuslicher Gewalt und deren Nachahmung durch die Kinder sehr hoch ist, wenn sie gezwungen sind, mit der Tatperson in Kontakt zu bleiben.
Die männlichen Beschuldigten, ob Schweizer oder ansässige Ausländer (CH oder nicht CH-ansässig), haben im Allgemeinen einen RA von über 100%. Der RA der Schweizer, der zwischen 100 und 89% liegt, ist seit 2009 leicht rückläufig, jener der Ausländer ist von 2011 bis 2021 ebenfalls rückläufig, von 363 auf 293%, mit einem leichten Anstieg auf 302% im Jahr 2022. Bei schwerer Gewalt hält sich der RA der Schweizer bei 120 bis 130%, jener der Nicht-CH schwankt seit 2015 zwischen 330 und 370% (335% im Jahr 2023).
Die weiblichen Beschuldigten, ob Schweizerinnen oder ansässige Ausländerinnen, weisen immer einen RA von unter 100% auf. Der RA von Schweizerinnen ist seit 2009 gestiegen. Sie bleibt auf einem niedrigen Niveau und steigt von 24% auf 33% im Jahr 2023. Diejenige der Ausländerinnen steigt ebenfalls an, von 91% auf 112% im selben Zeitraum. Bei schwerer Gewalt liegt der RA der Schweizerinnen zwischen 10 und 15%. Derjenige der Nicht-CH schwankt stärker, zwischen 20 und 35%. Im Jahr 2023 liegt sie bei 33%.
[1] Im Auftrag der Berner Fachstelle gegen häusliche Gewalt (BFHG) und der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (POM); Theres Egger, Désirée Stocker (Interventionsstelle BASS), Marianne Schär Moser (Forschung und Beratung) “Evaluation Pilotprojekt Kindesschutz bei häuslicher Gewalt im Kanton Bern”, Mai 2013.
[2] Gaëlle Droz-Sauthier, Ersilia Gianella-Frieden, Paula Krüger, Susanne Lorenz Cottagnoud, Amel Mahfoudh, Tanja Mitrovic ” Mesures de protection de l’enfant en cas de violence dans le couple parental : de la Convention d’Istanbul au droit suisse. Analyse et propositions. FamPra.ch 2024, S. 570-598.
Les manipulateurs et l’amour
Résumé:
L’amour est une force profonde capable de nous faire évoluer vers un plein épanouissement. Mais que se passe-t-il lorsque la personne qui nous a déclaré son amour se révèle être un vampire affectif? Ce livre se propose d’étudier au quotidien les méfaits et les conséquences d’une relation amoureuse destructrice avec un manipulateur. A partir de témoignages recueillis, l’auteur expose les mécanismes et les manifestations de cette éprouvante emprise affective et donne des conseils pratiques pour nous en protéger.
L’auteure:
Isabelle Nazare-Aga est thérapeute cognitivo-comportementaliste, formatrice et conférencière. Elle exerce en cabinet et mène des stages d’affirmation et d’estime de soi, de recherche des valeurs personnelles, de communication et de gestion du stress. Elle donne aussi des séminaires sur l’art de faire face aux manipulateurs. Elle est LA spécialiste de la manipulation, régulièrement cité dans les médias.
Source: www.payot.ch
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Zwangskontrollen
Der Ursprung des Konzepts der Zwangskontrolle geht auf den Koreakrieg und die unverständliche “Kollaboration” amerikanischer Kriegsgefangener mit dem Feind zurück. Der Soziologe Albert Biderman entwickelte 1957 die nach ihm benannten Grundsätze, um die chinesischen und koreanischen Foltermethoden an amerikanischen Kriegsgefangenen während des Koreakriegs zu veranschaulichen. Diese Methoden sind:
a) Isolation des Opfers,
b) Monopolisierung der Wahrnehmung,
c) Erschöpfung herbeiführen,
d) Bedrohungen präsentieren,
e) Gelegentliche Nachsicht zeigen,
f) Die Allmacht und Allwissenheit des Entführers demonstrieren,
g) Erniedrigung des Opfers und
h) Dumme und unsinnige Handlungen verlangen.
Der Begriff “intimer Terrorismus” wurde 1996 von M.-P. Johnson im Zusammenhang mit der Sorgerechtsproblematik verwendet, wenn es sich bei häuslicher Gewalt nicht “nur” um situative Gewalt handelt.
Der strafrechtliche Ansatz in der Schweiz
In der Schweiz wird Gewalt in der Ehe und im häuslichen Umfeld im Strafgesetzbuch als isolierte Straftat behandelt und Kinder werden nicht berücksichtigt. Unser Strafrechtssystem will und kann den Käfig nicht sehen, in dem das Opfer und die Kinder vom Täter eingesperrt werden.
Außerdem sind die Konsequenzen für den Täter so gering (Einstellung des Strafverfahrens, Geldstrafe, eventuell Freiheitsentzug, aber in der Regel auf Bewährung) und so zeitversetzt (durch die Langsamkeit des Verfahrens), dass es sein Gefühl der Straflosigkeit verstärkt, während es für das Opfer eine Bestätigung der Allmacht und Allwissenheit des Täters ist (Punkt f) oben).
Der zivile Ansatz in der Schweiz
Das zivile “System” (Ziviljustiz und/oder KESB in erster Linie) tut das Gleiche und macht sich manchmal sogar zum Helfer des Täters, indem es den Käfig, in dem die Opfer gefangen sind, nicht berücksichtigen will (siehe Lektüre des Monats, “Unterstützungsangebote und Schutzmaßnahmen für Kinder, die Gewalt in der elterlichen Partnerschaft ausgesetzt sind”, S. 169-172). Das System erhält und fördert den Kontakt des Täters zu den Kindern und damit seine Kontrolle sowohl über die Kinder als auch über das erwachsene Opfer. Dieses Vorgehen auf zivilrechtlicher Ebene ist eine Missachtung der Istanbul-Konvention (Art. 31), die seit dem 1. April 2018 in der Schweiz in Kraft ist. Wenn das Opfer gegen diese Kontakte mit dem System argumentiert, beschuldigt das System es beispielsweise der Nicht-Elternschaft.
In diesem Newsletter geht es auch um:
– Lesungen des Monats
– KidsToo – what’s new?
Quand on te fait du mal
Résumé:
Livret de prévention et d’information illustré par Claude Ponti sur les violences et leurs conséquence, destiné aux enfants de la maternelle au CE1, publié en avril 2022 conçu par l’association Mémoire traumatique et victimologie et distribué gratuitement.
Ce livret fournit aux enfants des informations claires et simples sur les violences qu’ils peuvent vivre ou avoir vécu sans souvent pouvoir les identifier, les penser, les nommer, les comprendre ni même les partager avec des adultes ; mais aussi sur les conséquences de celles-ci.
Beaucoup d’enfants ne savent même pas que ce qu’ils vivent est anormal. Ils peuvent n’avoir aucun repère sur ce qui est normal et sur ce qui est anormal, grave, interdit. Il s’agit avec ce livret d’offrir aux plus petits qui subissent des violences la possibilité d’identifier qu’ils en sont victimes, que ce qu’on leur a fait est interdit, que rien ne peut le justifier et qu’ils ont le droit de le dénoncer, et d’en découvrir les conséquences psychotraumatiques.
https://www.memoiretraumatique.org/publications-et-outils/brochures-d%E2%80%99information.html
Auteures:
Dre Muriel Salmona psychiatre spécialisée dans la psychotraumatologie de l’enfant et l’adulte (présidente de l’association Mémoire traumatique et victimologie, membre de la CIIVISE) et de Sokhna Fall, thérapeute familiale spécialisée dans la prise en charge des violences intrafamiliales, Victimologue, ethnologue (vice-présidente de l’association Mémoire traumatique et victimologie).
Source: association Mémoire traumatique et victimologie
MÔ-NAMOUR
Résumé:
Parfois, quelqu’un change votre nom et vous devenez Mô-Namour. Parfois, ce même quelqu’un dit qu’il veut jouer et vivre avec vous, mais il ne fait que vous obliger à lui faire des gâteaux, vous prendre pour une balle, et vous envoyer partout à coups de coups. Parfois, quelqu’un d’autre, une étoile tombée de votre douleur, par exemple, vient vous dire la vérité : Hiltedi Kiltème Mézilteveu Dumal. Alors il faut partir, chercher ailleurs la paix. C’est ce qui est arrivé à Isée. Elle était devenue orpheline, elle était devenue une victime, mais ça ne pouvait pas durer.
Auteur: Claude Ponti
Chronique Presse:
Voici un livre dont les phrases et les images frémissent longuement dans la tête du lecteur. Les phrases en particulier, si légères et si pesantes, que les enfants sont cependant capables d’entendre – et bien sûr de comprendre. Ce livre dit que la vie, parfois, joue de drôles de tours; il dit qu’un enfant privé de ses parents est un enfant vulnérable; qu’il y a des personnes qui prétendent vouloir du bien et en réalité font du mal; qu’il y a des sortes d’amours qui blessent bien plus qu’ils ne caressent; qu’il faut, dans certaines circonstances, savoir écouter une petite voix au fond de soi, une voix qui chuchote des choses douloureusement vraies, même si on n’a pas envie de les entendre. Ça, c’est pour les adultes, pour montrer l’enjeu de ce livre et pourquoi il est digne d’admiration; il serait vain et sûrement néfaste de faire une telle analyse avec les enfants. Car aux enfants, l’histoire suffit, et cette histoire n’est pas insoutenable: elle met en scène la petite Isée, qui part en vacances avec son doudou «Tadoramour» et ses parents. Mais la voiture rouge s’écrase contre un arbre et les parents d’Isée sont projetés dans le ciel, ils montent «si haut qu’ils doivent être morts». L’enfant se retrouve seule, et c’est à ce moment-là qu’arrive Torlémo le terriblement bien nommé, tout heureux de trouver quelqu’un avec qui s’amuser; Torlémo qui prétend aimer Isée (et commence par changer son nom, autrement dit il nie d’emblée son identité), qui déclare qu’il veut jouer «à la baloune» avec elle et qu’il mangera les gâteaux qu’elle préparera pour lui. Or il joue effectivement avec Isée, mais c’est elle le ballon, et chaque soir, elle doit calmer son insatiable appétit avec des gâteaux de plus en plus gros. Par bonheur une «étoile tombée de sa douleur» dit à la fillette que tout ça, ce n’est pas de l’amour et elle trouve le courage de se révolter; c’est le début d’un long chemin qui mènera Isée vers un monde apaisé, où ses parents finiront même par retomber du ciel… Claude Ponti publie avec Mô-Namour une de ses œuvres les plus fortes; il parle de maltraitance, de violence physique et psychologique, peut-être même d’abus sexuels, car là est son talent: son langage tant verbal que graphique est si puissamment métaphorique qu’il permet au lecteur une interprétation à la mesure de ce qu’il est capable ou désireux de comprendre. Du grand art, vraiment. Sylvie Neeman
Source: www.payot.ch
Häusliche Gewalt in der Schweiz
Die Opferhilfestatistik 2018 bis 2023 aus einem anderen Blickwinkel
Der von KidsToo erstellte Bericht ist hier abrufbar.
Das Wichtigste in Kürze
Der Verlauf an zur Verfügung stehender Daten (seit 2018, d.h. 6 Jahre) ist noch zu gering, um daraus einen oder mehrere Tendenzen ableiten zu können. Ausserdem können die Jahre 2020 und 2021(und sogar 2022) mit der Covid 19-Pandemie grundsätzlich nicht als “normale” Jahre betrachtet werden. Diese Punkte sollten beim Lesen der folgenden Zusammenfassung berücksichtigt werden.
Psychische und emotionale Schwierigkeiten, Loyalitätskonflikte, anhaltender täglicher Kontakt und Vergeltungsmassnahmen der Tatperson, mit welchen geschädigte Personen häuslicher Gewalt während des gesamten Straf- und/oder Zivilverfahrens konfrontiert werden, führen dazu, dass es ein Teil von ihnen vorzieht, auf eine Anzeige zu verzichten und zumindest vorübergehend in den Gewaltkreislauf zurückzukeh-ren, in der Hoffnung auf eine (sehr hypothetische) Einsicht der Tatperson und deren Besserung.
Der Einfluss der Art der Straftat auf den Hilfsbedarf
Gemäss den Daten des BFS für das Jahr 2023 über die Opferhilfestatistik ist die Anzahl der OHG-Beratungsanfragen aus dem familiären Bereich (26’285) insgesamt doppelt so hoch wie die Anzahl der Personen, die eine Anzeige erstattet haben (PKS 11’479).
Die Straftaten “Körperverletzung und Tätlichkeiten” erfordern am wenigsten OHG-Unterstützung (2.01 Beratungen pro 1 Anzeige). Dicht gefolgt von “Erpressung, Drohungen und Zwang” (2.67). Die “Anderen Straftaten gegen die Freiheit” liegen bereits bei fast 4 (3.95). Sexualdelikte sind im Allgemeinen diejenigen, die die meiste Unterstützung von den OHG-Zentren benötigen. “Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung” liegt bei 5.23, “Sexuelle Handlungen mit Kindern” und “Andere Straftaten gegen die sexuelle Integrität” liegen bei 7.97 bzw. 10.2.
Bei “Sexuelle Handlungen mit Abhängigen”, bei denen die meisten Beratungen gegenüber einer bekannten, aber nicht zur Familie gehörenden Person erfolgen, liegt das Verhältnis bei 2.33.
Der Einfluss der Art der Beziehung zwischen Opfer und Täter auf die OHG-Beratung
Wenn man die Beratungen anhand der Achse der Nähe zwischen dem mutmaßlichen Täter und dem Opfer über alle Arten von Straftaten hinweg analysiert, wird deutlich, dass Opfer von häuslicher Gewalt im Vergleich zu Opfern von “nicht häuslicher” Gewalt mit zusätzlichen Schwierigkeiten konfrontiert sind. Bei allen kumulierten Straftaten ist es für Opfer häuslicher Gewalt 1,5- bis 2-mal schwieriger, eine Anzeige gegen einen “Ex-Partner” zu erstatten, als für ein Opfer “nicht häuslicher” Gewalt gegen den “nicht familiären” Täter. Bei einem “Partner”-Täter steigt der Schwierigkeitsfaktor auf 3-3.5. Für “Andere” Täter ist der Schwierigkeitsfaktor am höchsten und liegt zwischen 3.2 und 3.8.
Die in diesem Bericht verwendete Terminologie “Andere” kann den Eindruck erwecken, dass die Nähe zwischen Opfer und Täter/in gering ist. Aber in dieser Kategorie “Andere” ist der Anteil der “Eltern, Elternersatz / Kind” am größten (zwischen 60 und 65%), was den Faktor der Nähe teilweise wieder einführt. Insgesamt ist der Anteil der “Sonstigen” am höchsten, was auf die Straftat “Sexuelle Handlungen mit Kindern” zurückzuführen ist, bei der 90% der Täter “Sonstige” sind, von denen die “Eltern, Elternersatz” mehr als die Hälfte ausmachen.
Was wäre, wenn es “genauso einfach” wäre, Anzeige gegen häusliche Gewalt zu erstatten wie gegen “nicht-haushaltsbezogene” Gewalt?
Unter der Annahme, dass die Behandlung von Straftaten häuslicher Gewalt für die Geschädigten genauso “einfach” ist wie bei anderen Gewaltdelikten, käme man auf Zahlen für häusliche Gewalt 2023, die über :
- Bei der Anzahl der geschädigten Personen von 11’479, der “offiziellen” Zahl der PKS im Jahr 2023, auf 35’027 oder sogar auf 46’290, wenn man die Altersklasse (minderjährig und volljährig) der Täter berücksichtigt, oder sogar auf 62’995, wenn man das Geschlecht des Täters und die Art seiner Beziehung zu der geschädigten Person berücksichtigt.
- Die Zahl der angezeigten Straftaten im Jahr 2023 steigt von 19’918 auf 60’778 oder sogar auf 144’586, wenn man die gleichen Parameter wie oben berücksichtigt.
Und jetzt?
Eine Verbesserung der rechtlichen Betreuung von Opfern häuslicher Gewalt wird höchstwahrscheinlich zu einem Anstieg der Anzeigen führen, zumindest kurz- bis mittelfristig. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass die häusliche Gewalt zunimmt, sondern vielmehr, dass die Dunkelziffer der Kriminalität, die der Polizei nicht bekannt ist oder nicht angezeigt wird, sinkt.
Eine Verbesserung kann nicht erreicht werden, ohne zusätzliche Mittel auf der Ebene :
- Strafjustiz (Stellen für Polizisten, Staatsanwälte, Strafrichter),
- Strafvollzug (Programme zur Betreuung von Tätern, Plätze in Täterheimen oder bei Rückfälligkeit in Gefängnissen),
- Ziviljustiz (Stellen für Richter, die u. a. Experten für häusliche Gewalt vom Typ Zwangskontrolle und deren Reproduktion (generationenübergreifende Gewalt) sind),
- Die Ausbildung von … allen,
- Eine Berichterstattung in den Medien, die mehr und besser das Opfer und sein Umfeld als den Täter berücksichtigt, u. a. wenn das Opfer gestorben ist (Feminizid, Filizid).
Politisch hat sich die Schweiz vertraglich verpflichtet, Gewalt, häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Dieser Kampf erfordert und wird Mittel erfordern, die sich in finanziellen Kosten auf Ebene des Bundes (ein wenig), der Kantone (hauptsächlich) und der Gemeinden niederschlagen werden. Diesen zusätzlichen Kosten steht die Schätzung der intangiblen Kosten in der Paarbeziehung von 2013 in Höhe von 1’969 Millionen CHF gegenüber. Dieser Betrag kann bei ansonsten gleichen Bedingungen als jährlich betrachtet werden.
Die Schwierigkeit nach Strafart, eine Anzeige zu erstatten, aus einem anderen Blickwinkel.
Einfluss des Alters, des Geschlechts der Tat-person und ihrer Beziehung zum Opfer von 2018 bis 2023
Der von KidsToo erstellte Bericht ist hier abrufbar.
Das Wichtigste in Kürze
Während die Schwierigkeit, Anzeige zu erstatten, für Opfer häuslicher Gewalt insgesamt um einen Faktor zwischen 2,9 und 3,25 zwischen 2018 und 2023 höher ist als für Opfer “nicht häuslicher” Gewalt, variiert sie stark zwischen den verschiedenen Arten von Straftaten, je nach Alterskategorie, Geschlecht des Täters und der Art der Beziehung zum Opfer.
Bei den beiden Straftaten, bei denen die Anzahl der Täter eine Analyse für volljährige Täter und das Geschlecht des Täters zulässt, zeigt sich, dass es für das Opfer 6- bis 7-mal schwieriger ist, eine Anzeige zu erstatten, wenn der männliche Täter sein “Partner” ist, wenn es sich um “Körperverletzung und Tätlichkeiten” handelt. Bei “Erpressung, Drohungen und Nötigung” steigt der Schwierigkeitsfaktor, Anzeige wegen häuslicher Gewalt zu erstatten [SFAG], auf 10.
Wenn der Täter ein “Ex-Partner” ist, liegt dieser SFAG nur zwischen 3 und 4 bzw. zwischen 4 und 5 für diese beiden Straftaten. Bei Tätern mit einer Beziehung des Typs “Sonstige[1] ” liegt dieser SFAG etwa bei 5 bzw. zwischen 6 und 8.
Bei den volljährigen männlichen und weiblichen Tätern ist das Bild fast identisch.
Wenn die Täterin weiblich ist, hat das Opfer (in der Regel “das” Opfer) ihres “Partners” ein SFAG von 2 für die Delikte “Körperverletzung und Tätlichkeit” und von 3 für die Delikte “Erpressung, Bedrohung, Nötigung”. Bei einer “Ex-Partner”-Täterin liegt das Verhältnis bei 1 bzw. 2.
Bei Opfern von “Sonstigen” Täterinnen liegen die SFAG bei 4,5 bzw. zwischen 6 und 8, also grob gesagt gleich hoch wie bei männlichen “Sonstigen” Tätern.
Bei den anderen Deliktarten weisen die berechneten SFAG aufgrund der geringen Anzahl minderjähriger Täter oder Täterinnen grosse Schwankungen auf und/oder sind wenig oder nicht repräsentativ.
Im Folgenden werden nur die Faktoren dargestellt, die für die volljährigen bzw. männlichen Täter für das Jahr 2023 berechnet wurden.
Bei den “Anderen Straftaten gegen die Freiheit” hat das Opfer eines “Ex-Partner”-Täters einen SFAG von 2.2 (bzw. 5.1), aber einen SFAG von 6 (bzw. 10.5), wenn der Täter der aktuelle “Partner” ist. Für ein Opfer, das eine “Andere” Beziehung mit dem Täter hat, beträgt der SFAG 5.1 (bzw. 7.3).
Bei Sexualdelikten (“Sexuelle Handlungen mit Kindern“, “Sexuelle Handlungen mit Abhängigen“, “Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung” und “Andere Straftaten gegen die sexuelle Integrität“) sind die SFAG der Opfer von ihrem männlichen “Partner” niedriger als die zuvor ermittelten Werte. In absteigender Reihenfolge liegen sie zwischen 9.2 für “Andere Straftaten gegen die sexuelle Integrität”, 2.1 für “Sexuelle Handlungen mit Kindern”, 1.7 für “Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung” und 1.2 für “Sexuelle Handlungen mit Abhängigen”.
Wenn der männliche Täter nur noch der “Ex-Partner” ist, beträgt das SFAG für das Opfer 3,7 für “Andere Straftaten gegen die sexuelle Integrität” , 1,3 für “Sexuelle Handlungen mit Kindern”, 0,9 für “Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung” und 0,7 für “Sexuelle Handlungen mit abhängigen Personen”.
Wenn man die Anzahl der Täter mit den SFAG schätzt, die nach dem Geschlecht des Täters und seiner Beziehung zum Opfer berechnet werden, machen männliche Täter 85 bis 90% der Täter aus und nicht mehr “nur” 75%. Wenn man vereinfacht annimmt, dass einem männlichen Täter ein weibliches Opfer gegenübersteht, sind 85 bis 90% der Opfer Frauen. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass häusliche Gewalt von Männern gegen Frauen ausgeübt wird, und zwar noch eklatanter als von der PKS angegeben. Es ist zu hoffen, dass dies Politiker und Richter dazu veranlasst, die Gleichberechtigung der Geschlechter bei häuslicher Gewalt nicht zu “missbrauchen” und zuzugeben, dass dies im Widerspruch zur Istanbul-Konvention steht, die seit dem 1. April 2018 in der Schweiz in Kraft ist.
Wird die Anzahl Tatpersonen anhand der SFAG und unter Berücksichtigung des Geschlechts der Tatperson und ihrer Beziehung mit dem Opfer geschätzt, machen die männlichen Tatpersonen zwischen 85 und 90% aus und nicht mehr “nur” 75 %. Wenn zur Vereinfachung davon ausgegangen wird, dass einer männlichen Tatperson ein weibliches Opfer gegenübersteht, sind 85-90% der Opfer Frauen. Dies ist ein weite-rer Hinweis darauf, dass häusliche Gewalt von Männern gegen Frauen ausgeübt wird, und zwar in noch eklatanterer Weise als von der PKS aufgeführt. Es ist zu hoffen, dass Politiker und Richter dies dazu veranlasst, die Gleichberechtigung der Geschlechter bei häuslicher Gewalt nicht zu “missbrauchen” und einzuräumen, dass dies im Widerspruch zur Istanbul-Konvention steht, die seit Mitte 2018 in der Schweiz in Kraft ist.
[1] Die Kategorie “Andere” umfasst “Eltern, Elternersatz des Kindes” und “Andere familiäre Beziehungen”
Die Polizeiliche Kriminalstatistik
2009 bis 2023 aus einem anderen Blickwinkel
Der von KidsToo erstellte Bericht ist hier abrufbar.
Das Wichtigste in Kürze
Häusliche Gewalt
Jahr für Jahr zeigen die uns zur Verfügung stehenden Daten, dass häusliche Gewalt nach wie vor eine geschlechtsspezifische Angelegenheit ist. Frauen sind die Hauptopfer (Geschädigte) und die Straftaten werden hauptsächlich von Männern begangen. Die Nationalität der Frauen (Schweizerinnen oder Ausländerinnen) hat kaum einen Einfluss, weder in Bezug auf die Geschädigten noch hinsichtlich der beschuldigten Personen.
Die offiziellen Indikatoren befassen sich nur mit Gewalt, die als schwerwiegend definiert ist. Für “nicht schwere” Gewalt gibt es keinen eigenen Indikator.
Schwere Gewalt
Aus der Erkenntnis heraus, dass die offiziellen Indikatoren dem gesellschaftlichen Problem der häuslichen Gewalt nicht gerecht werden, hat die Stiftung KidsToo Indikatoren entwickelt, welche in den aktuellen Versionen:
- die Zahl der Opfer schwerer häuslicher Gewalt (von offiziell 118 im Jahr 2022 auf 1.400 gemäss K2.1 im Jahr 2024) mehr als verzehnfacht und
- den Anteil der Frauen, die Opfer dieser Gewalt werden, auf 85% erhöhen (von offiziell 63% im Jahr 2022 auf 85% laut K2.1 im Jahr 2023).
Die Nationalität (Schweizerinnen oder Ausländerinnen) der geschädigten Frauen hat wenig Einfluss auf den Anteil der Frauen, die wegen schwerer Gewalt geschädigt oder beschuldigt wurden. Geschädigte Ausländerinnen sind relativ gesehen etwas häufiger Opfer als Schweizerinnen, während bei den beschuldigten Personen Schweizerinnen relativ gesehen etwas öfter beschuldigt sind als Ausländerinnen.
«Nicht schwere » Gewalt
Die Zahl der geschädigten Personen verzeichnet seit 2011 eine steigende Tendenz. Seit 2019 liegt sie bei 17’000 bis 18’000 Personen. Der Anteil der Frauen ist seit 2011 zwar rückläufig, liegt aber immer noch bei fast 75%. Wie bei der schweren Gewalt hat die Nationalität der Frauen (Schweizerinnen oder Ausländerinnen) wenig Einfluss auf den Anteil der Frauen, die in Bezug auf <schwere Gewalt geschädigt oder beschuldigt werden.
Psychische Gewalt
Die Zahl der geschädigten Personen von psychischen Gewaltdelikten gemäss SDG 5-6-K2 steigt stetig an. Zwischen 2011 und 2023 stieg sie von ca. 7’000 auf rund 9’500 an. Der Anteil weiblicher Geschädigten ist im gleichen Zeitraum von 81% auf 76% leicht gesunken.
Häusliche Gewalt vs. “nicht häusliche” Gewalt
Straftaten, die in beiden Gewaltumfeldern vorkommen
Die Zahl der weiblichen Opfer häuslicher Gewalt (13’984 im Jahr 2023) ist etwas geringer als die Zahl weiblicher Opfer “nicht häuslicher” Gewalt (15’123 im Jahr 2023). Wird jedoch die zusätzliche Schwierigkeit[1] für Opfer häuslicher Gewalt berücksichtigt, Anzeige zu erstatten (Faktor von rund 3), wird schliesslich eine Zahl weiblicher Opfer von häuslicher Gewalt (mehr als 42’000 im Jahr 2023) erreicht, welche im Vergleich zu jener weiblichen Opfern “nicht häuslicher Gewalt” bei weitem übersteigt.
Schwere Gewalt
- Schwere “nicht häusliche” Gewalt ist ebenfalls eine geschlechtsspezifische Gewalt, jedoch in geringerem Masse als schwere häusliche Gewalt.
- Der Anteil der geschädigten Frauen sinkt von 80-90% im familiären Umfeld auf 60-70% für schwere “nicht häusliche” Gewalt (58% im Jahr 2023).
- Der Anteil der Frauen, die wegen schwerer Gewalt im häuslichen und “nicht häuslichen” Bereich beschuldigt wurden, liegt unter 10%.
- Der Anteil der Frauen, denen schwere häusliche Gewalt im “nicht häuslichen” Umfeld vorgeworfen wird, ist etwa halb so hoch wie bei schwerer häuslicher Gewalt.
Psychische Gewalt
Während psychische häusliche Gewalt mit 75 – 80% geschädigten Frauen durchaus eine geschlechtsspezifische Gewalt ist, ist die “nicht häusliche” Gewalt es für Frauen nicht. Der Anteil der geschädigten Frauen beträgt in diesem Fall “lediglich” rund 35 – 40%. In Bezug auf die Zahl der geschädigten Personen ist die Zahl der Frauen im “nicht häuslichen” Bereich etwas höher als die ihrer “häuslichen” Kolleginnen (ca. 0-20% mehr).
Siehe die Berichte der Stiftung “Die Opferhilfestatistik aus einem anderen Blickwinkel” und “Die Schwierigkeit, nach Strafart eine Anzeige zu erstatten, aus einem anderen Blickwinkel. Einfluss des Alters, des Geschlechts der Tatperson und ihrer Beziehung zum Opfer ” verfügbar unter https://www.kidstoo.ch/de/publications/type-de-publications/publications-internes/
Dieser Newsletter befasst sich mot folgenden Themen:
– Die Kosten der häuslichen Gewalt
– Aussetzung des Strafverfahrens: Eine Konvention zum Schutz der Opfer
– Lesungen des Monats
– KidsToo – what’s new?
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